VERGESSEN

Ausstellung

14.10.2021 - 01.03.2022, Prag 1, ÖKF, Jungmannovo náměstí 18

© Helmut Wimmer

Die Ausstellung Vergessen, die im Februar dieses Jahres erstmals im Künstlerhaus in Wien gezeigt wurde, wird jetzt auch dem tschechischen Publikum präsentiert. Löschen und Vergessen gehören fest zu den physiologischen Abläufen unserer Wahrnehmung. Sie sind Bestandteil des individuellen und des kollektiven Gedächtnisses. Sie beeinflussen unser Sein, sie formen unsere Identität.

Vergessen zeigt vier künstlerische Positionen aus Österreich, Tschechien und Deutschland, die mit sehr unterschiedlichen Strategien und Konzepten Türen zur Betrachtung des Themas „Vergessen und Erinnern“ öffnen. Welche Dimension hat das Vergessen im Individuellen und Familiären? Welche Dimension hat das Vergessen im Gesellschaftlichen und Politischen?

Jana Kasalová (Prag) behandelt die Ortsbezeichnung auf einer Landkarte als einen Begriff, der leicht austauschbar und zerstörbar ist, der aber auch als Erinnerungsträger für Orte und Landschaften dient. Sowerden die Landkarten zu Flächen von abstrakten Formen, auf denen Markierungen und Zeichen nicht mehr als Orientierungshilfen dienen, sondern zu Erinnerungshilfen werden. Die Autorin interessiert sich für das tschechische Grenzgebiet, das bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs von einer überwiegend deutschsprachigen Bevölkerung bewohnt wurde. Die tschechisch‑deutschen Namen verlassener Dörfer hinterlassen Spuren und beeinflussen die Identität des Ortes, obwohl die ursprünglichen Siedlungen nicht mehr existieren. Weitere Werke in der Ausstellung kommentieren den Zerfall und Untergang von Zivilisationen,Imperien und die Vergänglichkeit des Landschaftsbildes in unserem Bewusstsein.

Gibt es eine Anatomie des Vergessens? Demenzielle Erkrankungen schreiben sich physiologisch im Gehirn nieder, es kommt zu Rückgang und Veränderung des Hirngewebes. Als eindrückliches Bild für das Vergessen zitiert Lena Knilli (Wien) in ihren Collagen die Gestalt des Scans eines erkrankten Gehirns und kombiniert diesen mit dem Bild der Fadenspule („Ich habe den Faden verloren.“). Die Arbeiten von Lena Knilli waren Ausgangspunkt für die Idee zu diesem Ausstellungsprojekt.

Sybille Loew (München) hat die Namen, das Sterbedatum und das Alter einer sehr besonderen Personengruppe auf Schilder gestickt. Sie wurden alle vergessen. Sie alle sind alleine gestorben, ohne Freunde oder Familie zu hinterlassen. Ein städtisches Amt hat ihre Beerdigung und die Auflösung ihrer Haushalte übernommen. Sybille Loew hängt diese gestickten Schilder mit rotem Faden in den Raum. Als Ausstellungsbesucher können wir zu Erinnernden werden.

Mit einem gemeinsamen Zeichenprojekt konnte Kateřina Šedá (Brünn) zu einem lebendigen Dialog mit ihrer Großmutter Jana zurückfinden. Die Großmutter war nach ihrer Pensionierung und dem Tod des Großvaters in Dauerträgheit und anhaltendes Desinteresse geraten. Aus der Erinnerung entstanden Zeichnungen, die auf Papier das Warenlager des Haushaltswarengeschäftes in Brünn rekonstruieren, in dem die Großmutter 33 Jahre tätig war.

Text zur Ausstellung vom Kunsthistoriker PhDr. Karel Srp, Ph.D.




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